Der schwerreiche amerikanische Geschäftsmann Quaker hat sein Vermögen mit Meeresfrüchten verdient und ist deshalb überall als Austernkönig bekannt. Seine temperamentvolle Tochter, die Austernprinzessin, will unbedingt einen europäischen Adligen ehelichen. So gerät sie an den mittellosen Prinz Nuki, doch der schickt zunächst seinen Diener Josef vor. In der Annahme, einen echten Prinzen vor sich zu haben, heiratet die ungestüme Millionärstochter den Dienstboten bei der erstbesten Gelegenheit. Damit setzt sie eine turbulente Ereigniskette in Gang. Entgleisungen, ein Damenboxkampf, der Ausbruch des Foxtrottfiebers und Alkoholexzesse sind die Folge.
In diesem frühen Stummfilm von Meisterregisseur Ernst Lubitsch zeigt sich bereits dessen grandioses Talent für Timing. Mit leichter Hand und überbordendem Einfallsreichtum inszenierte er hier erstmalig das Genre der temporeichen, satirischen Gesellschaftskomödie, das er später in Hollywood zur Perfektion führte.
„Wunderbar grotesk und voller subtiler Pointen.“ (Cinema)
In Kooperation mit dem Seniorenbeirat Wiesbaden.
Exkurs: Schwarze Darsteller im frühen deutschen Kino
Ernst Lubitschs DIE AUSTERNPRINZESSIN und SUMURUM (1920) zählen zu den ersten deutschen Filmen, in welchen Schwarze Darsteller zu sehen waren. Tobias Nagl sieht darin „Konnotationen des Spleenigen und Grotesken, des Konsumismus und veränderterer Geschlechterrollen“. Dabei wurden sie ausschließlich in Statistenrollen besetzt, wobei ihnen jegliche Individualität abgesprochen wurde. „Ihre Kino-Geschichte ist eine Geschichte weißer Phantasien und Projektionen: Pagen, Barmänner, Butler, Musiker, Matrosen, Tänzer, Boys, Portiers, Chauffeure, ‚Wilde‘ – es waren immer die gleichen Stereotype, die [S]chwarze Menschen im deutschsprachigen Kino zu erfüllen hatten. Es waren Bilder, die von einem weißen Überlegenheitsanspruch kündeten, oft auch von Neid oder Verachtung.“
Für Katharina Oguntoye („Schwarze Wurzeln: Afro-deutsche Familiengeschichten von 1884 bis 1950.“ Orlanda Verlag, 2020) legen diese Filme Zeugnis darüber ab, dass Schwarze Menschen bereits in der Weimarer Republik Teil der deutschen Gesellschaft waren. Schwarze Menschen lebten seit dem Mittelalter im deutschsprachigen Raum. Spätestens im Kaiserreich wurde die Community sichtbarer. Der erste Afrikaner, der die deutsche Staatsbürgerschaft erhielt, war der 1891 eingewanderte Kameruner Mandenga Diek (1871–1943). Trotzdem begegnen Schwarzen Menschen in Deutschland auch heute noch Rassismus und strukturelle Diskriminierung.
Der koloniale Blick, der sich u.a. im frühen deutschen Kino etablierte, prägt bis heute rassistische Stereotype und sollte beim Sichten von Unterhaltungsfilmen wie DIE AUSTERNPRINZESSIN kritisch hinterfragt werden.
Wir empfehlen für einen ersten Überblick zu diesem Thema zwei Aufsätze von der Bundeszentrale für politische Bildung:
- "Afrikanische Zuwanderung nach Deutschland zwischen 1884 und 1945"
- "Fantasien in Schwarzweiß – Schwarze Deutsche, deutsches Kino"
Und als weitergehende Lektüre die Publikationen „Die unheimliche Maschine. Rasse und Repräsentation im Weimarer Kino“ (2009) von Tobias Nagl und „Schwarze Wurzeln: Afro-deutsche Familiengeschichten von 1884 bis 1950.“ (2020) von Katharina Oguntoye.
Bild: Quelle Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
Filmklassiker am Nachmittag
DIE AUSTERNPRINZESSIN
Regie: Ernst Lubitsch, DE 1919, 58 min, DCP mit eingespielter Musik von Aljoscha Zimmermann & Ensemble, DF, FSK: ab 0, mit Ossi Oswalda, Victor Janson, Harry Liedtke, Julius Falkenstein
Mit Kurzfilmprogramm vorab!
Einführung am 6.11.: Ralf Feilen, Pfarrer i.R., Eintritt: 5€