
Der italienische Komponist Guiseppe Becce (*3.2.1877 in Lonigo, Italien; †5.10.1973 in Berlin) war ab 1909 als Orchesterleiter in Berlin tätig. Von 1915 bis 1923 leitete er ein 15-köpfiges Orchester im Berliner Mozartsaal, einem großen Premierenkino. Er arbeitete mit weltbekannten Stummfilmregisseuren wie F. W. Murnau und G. W. Pabst zusammen und war selbst ein Star seiner Zeit.
Becce war Herausgeber mehrerer Sammlungen von Stimmungsstücken zur Filmillustration. Zusammen mit Klaus Erdmann brachte er 1927 das „Allgemeine Handbuch der Filmmusik“ heraus.
Auch im Tonfilm konnte sich der Komponist etablieren. In der NS-Zeit stattete Becce nicht nur Spielfilme, sondern auch zahlreiche Kulturfilme mit Musik aus. Durch die Bombardierung Berlins obdachlos geworden, lebte Becce ab 1942 zunächst in Südtirol, bevor er nach Kriegsende wieder nach Berlin zurückkehrte. Ab 1949 nahm er seine Tätigkeit als Komponist für den Film wieder auf, und seine enge Zusammenarbeit mit Luis Trenker wurde richtungsweisend für ihn. Becce konzentrierte sich auf Berg- und Heimatfilme.
Zu Beginn seiner Filmkarriere stand er auch einmal vor der Kamera. RICHARD WAGNER (DE 1913) ist eins der ersten Biopics der Filmgeschichte. Es lag nahe, für den Film Musik aus Werken von Richard Wagner zu verwenden. Allerdings waren die Produzenten des Films nicht bereit, die damals noch gültigen, hohen Verlagsrechte zu zahlen. Giuseppe Becce, der aufgrund seiner Ähnlichkeit mit Wagner als Schauspieler verpflichtet worden war, schlug vor, eine Musik zu komponieren. Er verarbeitete Musik von Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven und Gioacchino Rossini in einer Art „filmischen Musikdramaturgie“, indem er „die Musik verzerrt und mit musikalischen Symbolen nahezu leitmotivisch arbeitet und auf diese Weise auch Szenen miteinander verknüpft“. So entstand ein kongeniales Plagiat, das heute als aufschlussreiches Dokument der Wagner-Rezeption gilt. Becces Musik ist eine der ersten Filmmusiken des deutschen Films und legte den Grundstein für Becces spätere Arbeit als Filmmusikkomponist und Verfasser von Kinotheken sowie des Standardwerkes „Allgemeines Handbuch der Filmmusik“, welches er zusammen mit Hans Erdmann und Ludwig Brav herausgab.
Zum 50. Todestag des Komponisten zeigen wir seinen frühen Stummfilm RICHARD WAGNER (DE 1913), der unter der Regie von William Wauer und Carl Froelich entstand. Die Stummfilmbiografie entstand zum 100. Geburtstag Richard Wagners. 2012 wurde der Film von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung restauriert. Die Originalmusik von Giuseppe Becce wurde für diese Fassung neu von der deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter der Leitung von Frank Strobel (Bearbeitung und Instrumentierung: Bernd Schultheis) eingespielt.
Bild: Giuseppe Becce und Walter Janssen (v.l.n.r.), Quelle - DFF - Deutsches Filminstitut & Filmmuseum